Verwaltungsreform
in Baden-Württemberg
Ministerpräsident Erwin Teufel,
Wirtschaftsminister Walter Döring sowie die Vorsitzenden der Landtagsfraktionen
von CDU, Günther H. Oettinger, und FDP, Ernst Pfister, haben im Rahmen der
Sitzung der Haushaltsstrukturkommission am 25. März 2003 folgendes
Reformkonzept für die Landesverwaltung beschlossen:
Verwaltungsreform in Baden-Württemberg
I. Haushaltssituation erfordert Personaleinsparungen
Angesichts der bestehenden dramatischen Haushaltslage, eines
Personalkostenanteils von 42 % und steigender Versorgungslasten kann eine
Haushaltskonsolidierung nur durch eine drastische Reduzierung der Personalkosten
gelingen. Dies gilt um so mehr, als die mittelbare Personalkostenquote, die auch
Personalkostenzuschüsse des Landes berücksichtigt, sogar über 52 % beträgt.
Wenn wir das Ziel der Nullverschuldung erreichen wollen, führt kein Weg an
einer Verringerung der Personalausgaben vorbei.
II. Weitere Personaleinsparungen setzen eine Verwaltungsreform voraus
Wir müssen im Land einen Paradigmenwechsel einleiten. Es genügt nicht mehr,
auf der Basis der vorhandenen Strukturen Verbesserungen zu erreichen. Wir müssen
vielmehr die Grundstruktur als solche in Frage stellen.
Stelleneinsparvorgaben auf der Basis der vorhandenen Verwaltungsstrukturen
werden zunehmend schwieriger. Weitere Stelleneinsparprogramme setzen eine
umfassende Verwaltungsreform voraus, die neue Einsparpotentiale freimacht.
Deshalb setzt sich die Landesregierung das Ziel, die Verwaltungsstruktur des
Landes Baden-Württemberg umfassend zu verschlanken, zu reformieren und zu bündeln.
Die Landesverwaltung soll dadurch schneller, schlagkräftiger und kostengünstiger
werden.
Das neue Verwaltungsreformkonzept der Landesregierung schließt alle
Verwaltungsbereiche und Verwaltungsebenen ein. Insgesamt sind von der
Verwaltungsreform über 450 Behörden betroffen, von denen über 350 abgebaut,
zusammengelegt bzw. eingegliedert werden sollen.
III. Grundsätze der Verwaltungsreform in Baden-Württemberg
1) Der 3-stufige Verwaltungsaufbau wird zum prägenden Strukturelement. Er berücksichtigt
die notwendige Zentralisierung und jede mögliche Dezentralisierung. Er ist in
einem Flächenland mit 10 ½ Mio. Einwohnern wie Baden-Württemberg nötig, um
eine sachgerechte, bürgernahe und leistungsfähige Verwaltung sicherzustellen.
2) Die Ministeriumsebene wird verschlankt. Alle Ministerien werden mindestens
eine Abteilung und mehrere Referate einsparen. Die Ministerien werden in ein
allgemeines Stelleneinsparprogramm einbezogen.
3) Die Bündelungsfunktion der Regierungspräsidien, der Landratsämter und der
Stadtkreise zur Erfüllung staatlicher Aufgaben wird wesentlich erweitert und
gestärkt.
4) Landesoberbehörden und höhere Sonderbehörden werden in die Regierungspräsidien
eingegliedert, gegebenenfalls durch Vor-Ort-Zuständigkeiten.
5) Die unteren Sonderbehörden werden in die Landratsämter und Stadtkreise
integriert. Die Landesregierung knüpft damit an die erfolgreichen
Eingliederungen in der Gesundheitsverwaltung, der Wasserwirtschaftsverwaltung
und dem Veterinärwesen an.
6) Die Stadt- und Landkreise erhalten für die Wahrnehmung der staatlichen
Aufgaben einen Kostenersatz. Als Ziel wird eine Effizienzrendite von 20 %
angestrebt. Diese wird durch Sachmittel- und Personalkosteneinsparungen
erreicht. Die Personalkosteneinsparungen werden in den nächsten fünf bis
sieben Jahren im Rahmen der Personalfluktuation ermöglicht. Ein notwendiger
Einstellungskorridor wird dabei gewährleistet. Beim reinen
Polizeivollzugsdienst findet durch die Eingliederung keine Stellenreduzierung
statt.
7) Die Beamten des höheren Dienstes und die vergleichbaren Angestellten sowie
alle Beamte des Vollzugsdienstes der Polizei bleiben Landesbeamte. Die
Aufgabenwahrnehmung nach Weisung und die Fachaufsicht der oberen und obersten
Landesbehörden bleiben erhalten. Dienstbesprechungen zwischen Regierung und den
neuen Aufgabenträgern finden regelmäßig statt.
IV. Kompetenzverlagerung auf Städte und Gemeinden
Im Rahmen der Verwaltungsreform wird geprüft, welche Zuständigkeiten und
Aufgaben von den unteren Verwaltungsbehörden auf die Städte und Gemeinden übertragen
werden können.
V. Regionen
Der Verband Region Stuttgart bleibt erhalten. Eine Aufgabenüberprüfung findet
entsprechend der Koalitionsvereinbarung statt.
Für die übrigen Regionen bietet das geltende Recht verschiedene Möglichkeiten
der gestaltenden Regionalplanung, von länderübergreifenden Vereinbarungen, über
den Regionalverband bis zu Zweckverbandslösungen.
VI. Die Konzeption im Einzelnen
Das Innenministerium wird mit der Umsetzung der Reform beauftragt. Die nun
anstehenden Arbeiten und Prüfungen orientieren sich an folgenden konkreten
Zielvorgaben:
1) Eingliederung in die Regierungspräsidien
- Forstdirektionen
- Oberschulämter
- Teile der Gewässerdirektionen
- Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (RP Freiburg)
- Bezirksstelle für Natur- und Landschaftsschutz
- Landesdenkmalamt
- Landespolizeidirektionen
- Teile der Gewerbeaufsichtsämter
- Landesversorgungsamt (Vor-Ort)
- Landesamt für Vermessung (soweit wie möglich Eingliederung in Landratsämter
und Stadtkreise / sofern ein Teil der Verwaltung zwingend auf der Landesebene
erforderlich ist, Eingliederung in das Ministerium bzw. Vor-Ort-Lösung an den
Regierungspräsidien)
- Landesamt für Flurneuordnung (soweit wie möglich Eingliederung in Landratsämter
und Stadtkreise / soweit nötig, wird ein Teil der Verwaltung über eine
Vor-Ort-Lösung an den Regierungspräsidien abgewickelt)
- Landesgesundheitsamt (Vor-Ort)
2) Eingliederung in die Landratsämter und Stadtkreise
- Schulämter
- Landwirtschaftsämter
- Straßenbauämter
- Landeswohlfahrtsverbände (Eingliederung in die Stadt- und Landkreise)
- Versorgungsämter
- Teile der Gewässerdirektionen
- Teile der Gewerbeaufsichtsämter
- Forstämter
- Vermessungsämter
- Flurneuordnungsämter
- Polizeidirektionen
3) Sonstige Maßnahmen
- Überprüfung und Neustrukturierung des Landesgewerbeamtes
- Privatisierung der Eichverwaltung
- Reduzierung der Finanzämter
- Zusammenlegung der Oberfinanzdirektionen zu einer Oberfinanzdirektion
- Umfassende Überprüfung der Gerichtsbarkeit, der Staatsanwaltschaften, der
Notariate und Grundbuchämter
- Zusammenfassung der Landesanstalt für Umweltschutz und der UMEG
gez.
Erwin Teufel, Dr. Walter Döring, Günther Oettinger, Ernst Pfister
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